Licht entscheidet darüber, wie wir ein Bild sehen, wie ein Objekt wirkt und wie lange es erhalten bleibt. Die richtige Beleuchtung macht aus einem Ausstellungsraum eine Bühne — doch sie stellt Kuratoren und Techniker vor technische und konservatorische Herausforderungen.
Warum Beleuchtung mehr ist als Helligkeit
Galeriebeleuchtung ist kein rein technisches Detail, sie ist ein künstlerisches Mittel. Ein und dasselbe Werk kann unter warmem, punktuellem Licht dramatisch, unter diffusem Licht jedoch nüchtern und analytisch erscheinen. Für Besucher ist Licht oft unbewusstes Gestaltungsmaterial: Es lenkt Blickrichtungen, definiert Raumtiefe und setzt Schwerpunkte.
Die doppelte Verantwortung
Leitgedanken jeder Lichtplanung sind daher Inszenierung und Erhalt. Während Kuratorinnen mit Licht Stimmung schaffen und die Aussage eines Werks verstärken wollen, müssen Restauratorinnen Licht so wählen, dass Kunstwerke nicht schneller altern.

Technische Grundlagen: Was Entscheider kennen sollten
Bei der Auswahl von Lampen und Leuchten spielen mehrere Parameter eine Rolle:
- Farbtemperatur (Kelvin): Warmes Licht (z.B. 2700–3000 K) betont warme Farbtöne und schafft Intimität; neutralere Temperaturen (ca. 3500–4000 K) zeigen Details klarer.
- Farbwiedergabeindex (CRI / Ra): Ein hoher CRI (nahe 90 oder darüber) sorgt dafür, dass Farben natürlich und differenziert wiedergegeben werden.
- Beleuchtungsstärke (Lux): Unterschiedliche Medien erfordern unterschiedliche Lux-Werte. Fotografien oder empfindliche Aquarelle benötigen oft deutlich geringere Beleuchtungsstärken als Öl- oder Acrylgemälde.
- UV- und Infrarotanteil: Minimierung beider Anteile ist wichtig, weil sie Materialabbau beschleunigen können.
- Strahlwinkel und Blendkontrolle: Spotgrößen, Abblendungen und Abschirmungen verhindern unerwünschte Reflexionen und lenken den Blick.
LED versus Halogen: Ein pragmatischer Vergleich
In modernen Galerien dominieren LEDs: Sie sind energieeffizient, erzeugen weniger Wärme und lassen sich präzise steuern. Halogenlampen boten lange eine hervorragende Farbwiedergabe, erzeugen allerdings mehr Wärme und einen höheren UV-Anteil. Deshalb sind LEDs heute meist erste Wahl — vorausgesetzt, sie haben einen hohen CRI und eine geeignete Spektralverteilung.
Konservatorische Aspekte: Licht schützt Kunst
Die konservatorische Herausforderung besteht darin, eine Balance zwischen Sichtbarkeit und Langlebigkeit zu finden. Dauerbeleuchtung erhöht kumulative Lichtschäden; daher sind zeitliche Begrenzungen, niedrige Lux-Werte und Bewegungssteuerungen wirksame Maßnahmen. Für besonders lichtempfindliche Objekte sind Vitrinen mit eingebauter Abschirmung oder niedriger Dauerbeleuchtung gängige Lösungen.
Kontrolle statt Konfrontation
Moderne Gebäudetechnik ermöglicht fein abgestimmte Steuerung: dimmbare Systeme, zonierte Steuerungen und automatisch geregelte Tageslichtkompensation reduzieren Belastungen und helfen, Energie zu sparen — ohne die Wirkung von Werken zu mindern.
Gestaltung und Besuchererlebnis
Gute Lichtplanung beginnt mit dem Verständnis der kuratorischen Intention. Soll das Werk selbst maximal im Fokus stehen oder Teil einer räumlichen Inszenierung sein? Lichtdesigner arbeiten häufig mit Schichten: Grundbeleuchtung für Orientierung, gerichtete Spots für Fokus und Akzentbeleuchtung für Details.
Atmosphäre und Zugänglichkeit
Eine gut gewählte Lichtfarbe erhöht nicht nur die ästhetische Wirkung, sie beeinflusst auch die Wahrnehmung von Raum und Materialität. Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass Wege und Beschriftungen gut lesbar bleiben — Barrierefreiheit bedeutet auch ausreichende, blendfreie Beleuchtung für alle Besucherinnen und Besucher.
Nachhaltigkeit und Betriebskosten
Langfristig sind energiesparende Systeme wirtschaftlich vorteilhaft. LEDs in Kombination mit Präsenzmeldern, Tageslichtsteuerung und intelligenter Raumverwaltung reduzieren Stromverbrauch und CO₂-Fußabdruck. Zudem verlängert geringere Wärmeentwicklung die Lebensdauer empfindlicher Exponate, was indirekt Restaurierungskosten senken kann.
Fazit: Licht als kuratorisches Instrument und Schutzfaktor
Die optimale Galeriebeleuchtung ist ein Kompromiss zwischen Inszenierung, Erhalt und Nachhaltigkeit. Sie setzt technische Expertise voraus, ein feines Gespür für Wirkung und die Bereitschaft, konservatorische Grenzen zu respektieren. Wer diese Faktoren zusammenbringt, verwandelt Ausstellungsräume in Orte, an denen Kunst nicht nur gesehen, sondern verstanden und bewahrt wird.